Am 31.Januar flog ich wieder nach Gambia. Am Flughafen von Banjul hat mich mein Freund Joe abgeholt mit den Worten: willkommen in der zweiten Heimat. Das war ein tolles Glücksgefühl wieder in Afrika zu sein. Das Gefühl als wir nachts durch den Busch rumpelten um zu seinem Haus zu kommen werde ich nie vergessen und nicht missen wollen. Da stand er dann der Toyo, total verstaubt und noch rostiger als 8 Monate zuvor. Ich hatte 2 Wochen Zeit um ihn auf Vordermann zu bringen. Federnbrüche reparieren ist mittlerweile ja eh schon meine Spezialität, aber es war noch viel mehr zu erledigen. Vor allem die Zoll- und sonstigen Formaltäten, da ist schnell ein Tag weg.
Nach knapp 2 Wochen ist Sepp eingetroffen. Er ist ganz alleine die 7000km lange Strecke aus Deutschland gekommen. Hat den Militärkonvoi mit anderen genommen und ist in 14 Tagen nach Gambia gedonnert. Mann war ich froh als er heil ankam. Allerdings war sein Rostkarren ziemlich mitgenommen und wir mussten zwei komplette Tage damit verbringen die Karosse und die Rahmenaufhängung neu zu schweissen. Ich hatte Sepp die Entscheidung überlassen wo wir denn nun hinfahren wollen, da ich die umliegenden Möglichkeiten schon etwas kenne. Da aber seit Oktober Guinea-Bissau wieder offen ist habe ich ihn etwas dahingehend beeinflusst und wir sind am folgenden Montag in Banjul in die Botschaft von Guinea-B. marschiert und haben uns Visa geholt. Mit an Bord waren noch drei andere Deutsche, ein Pärchen aus Berlin die ihr Auto gerade in Gambia verkauft hatten und gerade auf den Geschmack des Afrikareisens gekommen waren um mit Fite in seinem Toyota Land Cruiser HJ60 weiterzufahren. Fite wollte nach Bamako um dort sein Auto zu verkaufen. Alle drei waren so spontan und wollten einfach alles mitmachen was auch immer Sepp und ich vorhatten. Im Prinzip wollten wir von Bissau nach Guinea-Conakry und von dort nach Mali. Am Dienstag früh gings los, drei Land Cruiser, fünf Leute, ein gutes Team. Am gleichen Tag hetzten wir durch die unsichere Casamance (Senegal) und waran am Abend schon in Guinea-B. Das war alles a vogelwilde G‘schicht. Der Bürgerkrieg ist seit Juni 99 beendet und niemand von der neuen Staatsgewalt wusste mit derartigen Touristen was anzufangen. Da auch fast nirgendwo fahrende Toyotas zu sehen waren, sondern nur zerschossene hatten wir auch etwas Angst die unsrigen zu verlieren. Fähren waren nicht in Betrieb und die übriggebliebenen Brücken ein Abenteuer. Die Bevölkerung aber wie erwartet unheimlich nett und freundlich und immer glücklich und zufrieden wirkend. Man spricht ja wenn überhaupt Creolisch und es war eine andere Herausforderung sich mit dem Militär über unsere friedlichen Absichten zu unterhalten.
Unsere nächste Etappe war Guinea-C. Da hatte ich ja einige Erfahrung mitgebracht und so habe ich schon im Vorfeld auf die katastrophalen Pistenverhältnisse aufmerksam gamacht. Alle waren aber sehr zuversichtlich. Wie nicht anders zu erwarten waren nach den ersten Tagen auf einer sogennten 15er Piste (d.h. nach einer Stunde hast du 15km mehr auf dem Tacho) die Federn bei Fites Toyo durchgebrochen. Das war natürlich im tiefsten Busch und wir konnten letztlich nur selber dran rumflicken. Ich habe dann meine Montiereisen, Holz und Reifenschlauchgummi eingebaut und wir sind damit bis nach Labe gekommen. Das war wieder mal eine Lehrstunde der Afrika-Mechanik und ich weide mich regelmässig darin wenn ich sie den Experten in München und Friesen erzähle. Die 15er Piste war damit allerdings eine 9er geworden und wir kamen mässig voran. Die Krönung war aber dann der Wasserfall im Fouta Jalon Gebirge. Das ist eine unglaubliche Gegend, 200 Meter tief stürzt der Fall in die Tiefe. Man kann in den Becken baden und es ist niemand da ausser man selbst und die Affen in den Bäumen. Überall auf der Welt wäre das eine Touri-Attraktion sondergleichen, aber eben nicht in Guinea. Es gibt eben keine Touristen.
Illergalerweise sind wir dann nach Mali gekommen, aber das sind alles lange Geschichten. In Bamako haben sich Sepp und ich von den anderen drei getrennt. Sie wollten nicht mehr weiter. Sepp und ich sind noch Nord-Osten ins Dogonland gefahren. Schon unterwegs haben wir versucht potentielle Käufer für unsere Toyos zu finden, aber es schien unmöglich sie loszuwerden. Das Dogonland war wiederum ein tolles Erlebnis, wenn man mal die touristenversaute Falaise ausser Acht lässt. Da wo keine Touris hingekommen sind ist es jedenfalls ein Wahnsinn und wir kamen aus dem Staunen nicht mehr raus. Die Landschaft ist ja auch wunderschön, leider war es meist ziemlich verstaubt.
Wir hatten mittlerweile beschlossen mit den Autos nach Gambia zurückzufahren um sie dort abzustellen oder Joe zum Spottpreis zu überlassen. Und wie es im Leben manchmal so ist, kaum hast du eine Entscheidung gefasst, kommts im nächsten Moment anders. In Mopti hat der Polizei-Chef nach den Autos gefragt und obwohl ich der Sache berechtigerweise nicht getraut habe haben wir die beiden Toyotas am nächsten Tag an einen Ersatzteilehändler verkauft. Um den Zoll zu umgehen wurden sie angeblich sofort in Einzelteile zerlegt. Wir haben 10500 DM bekommen, für beide, allerdings in CFA. Nun sassen wir also in Mopti, mit ein paar Kisten und den vielen Bündeln Bargeld. Bis der Kauf perfekt war haben wir viele Krisen durchgemacht. Man hatte uns hinten rum gewarnt, dass der Poliziechef nach dem Kauf eine 30%ige Tax von uns kassieren will, dass der Zoll bei uns anrückt usw. Sepp war fix und fertig und ich habe drauf gedrängt den deal zu machen. Um 15 Uhr eines Nachmittags fuhren unsere Toyos mit fremden Fahrern davon, ein trauriges und hilfloses Gefühl überkam mich. Als wir aber in einem Hotel sassen und nicht wussten wie wir nach Bamako kommen sollten, draussen am Fenster der erste Zwischenhändler wieder aufgetaucht ist um seine Provision zu fordern, andernfalls verpfeift er uns beim Zoll, wars dann mit mir geschehen. Sepp hatte mittlerweile wieder Kraft und hat mich mitgezogen. Die unruhige Nacht haben wir dann mit Montiereisen bewaffnet nebeneinander auf dem Bett verbracht. Am nächsten Tag sollte in Flieger nach Bamako gehen, aber als wir am Flugplatz früh um sieben waren, konnte uns niemand ein Ticket verkaufen. Die Tickets verkauft der Pilot wenn die Maschine kommt und die war schliesslich voll.
So charterten wir ein Buschtaxi und sind die 600 km in abenteuerlichen 14 Stunden nach Bamako gedonnert. Unsere Fahrer, fix und fertig, sind aber um Mitternacht trotzdem postwendend nach Mopti zurückgefahren, inschallah. Unser Ziel war Gambia wo wir mit Joe eine ziemlich sichere Quelle hatten um die vielen CFA auf dem Schwarzmarkt zu tauschen. Wir versuchten von Bamako einen Flug nach Gambia zu bekommen. Zunächst aber ein paar Worte zu Bamako, es ist das schlimmste was ich je gesehen habe. Die Armut und das Elend, der Dreck und der Gestank, der Verkehr und das Chaos...... Wir haben aber ein paar schöne Tage erlebt da solche Städte ja immer einen ganz besonderen Reiz haben.
Nach ein paar Anläufen sind wir schliesslich nach Dakar geflogen und im airport-nahen Hotel Paris-Dakar abgestiegen. Schon am nächsten Tag sind wir mit einer 30-sitzigen Propellermaschine nach Banjul geflogen. Das war ein toller Flug tief über die Mangrovensümpfe. Um Joe zu überraschen sind wir mit dem Taxi bei ihm angerückt und ich habe den Moment genossen ihm mitzuteilen wie lukrativ wir, entgegen allen Voraussagen, die alten Kisten verkauft haben.
Dennoch, es war natürlich für uns beide nicht leicht und es sind einige Tränen geflossen, sowohl vor als auch nach dem Verkauf. Damit ging eine Ära endgültig zu Ende und ich bin mir absolut sicher, dass ich ein dermassen zuverlässiges, robustes und noch dazu schön aussehendes Auto nie wieder bekommen werde. Er hatte eine Seele und ich habe mit ihm geredet und ihn oft gestreichelt. Jede Ära geht aber mal zu Ende und jetzt ist er da wo er hingehört, in Afrika für immer.
Es war eine tolle Reise und Sepp und ich waren ein gutes Team. Wir haben das Geld gut tauschen können und sind schliesslich am 14.März zurück nach München geflogen, wo uns der Alltag wieder langsam in Besitz genommen hat, wie halt immer.